Digitalisierung und Vernetzung sind ein Kernstück der Modernisierung der Bundeswehr. Doch was ist das wesentliche Kennzeichen der immer mehr unsere Lebens- und Berufswelt durchdringenden Digitalisierung? Insbesondere Zukunftsplaner und Weiterentwickler müssen sich dieser Frage stellen, um einerseits alle Vorteile aus dieser Entwicklung für die operative Exzellenz und Einsatzbereitschaft richtig zu ziehen, und um sich andererseits nicht nur den vielfältigen Details zu widmen, sondern das „große Ganze“ stets im Blick zu haben.
Die Luftwaffe hat diese Frage beantwortet. Die Digitalisierung umfasst dabei die Gestaltung der Mentalität, Prozesse und Fähigkeiten. Sie bietet in ihrer Konkretisierung Entscheidungsunterstützung durch hochvernetzte Datenverarbeitung im Verbund als Basis für Führungsüberlegenheit, die sie in neuer Form für den Einsatzauftrag verfügbar macht. Hierbei sind drei Perspektiven wichtig und prägend:
1. Connected Humans
Zunächst ist die „Persönliche Perspektive“ zu betrachten, die dem unmittelbaren Einfluß digitaler Kommunikation und digitalisierter Abläufe und Prozesse unterliegt. Digitalisierung schafft hier ein großes Netzwerk, das sich durch die direkte Einwirkung nicht nur in der Breite, sondern auch über Hierarchieebenen hinweg bildet. Solch ein Kommunikationsverhalten ist bereits Fakt. Unsere jungen Nachwuchskräfte leben diesen „Digital Mindset“ und den Anspruch auf umfassende Information. Und auch Führer und Vorgesetzte bis ins Ministerium hinein nutzen diese Vernetzung. Hieraus ergibt sich, dass eine neue Führungskultur in der Luftwaffe (und Bundeswehr) entstehen muss, eine „Digital Leadership“, die ein neues Verständnis von Vertrauen und Verantwortungsbewusstsein auf allen Ebenen bedingt. Dazu gehört, dass entsprechende ortsunabhängige Kommunikationsmittel – auch mit der notwendigen Datensicherheit – jedem zur Verfügung stehen. Das „Team Luftwaffe“ wird sich durch „Humans Connected“ noch stärker herausbilden, als es schon bisher existiert. Digitalisierung schafft also Attraktivität in vielerlei Hinsicht.
2. Connected Technologies
Es gibt zahlreiche Anwendungen für Digitalisierung von automatisierten Verarbeitungen händisch nicht mehr zu bewältigender Datencluster (Big Data)bis hin zu Systemen mit komplexen Entscheidungshilfen (künstliche Intelligenz). Die Luftwaffe ist geprägt durch vielerlei Beispiele – schon heute, und erst recht in der Zukunft. So unterstützen Assistenzsysteme, die über umfangreiche Algorithmen vielfältige Betriebsparameter verknüpfen, beispielsweise Piloten im Einsatz ihres Flugzeuges. Big Data-Analysen werden die Voraussetzungen für die effektive Einsatzplanung und Vorbereitung einsatzbereiter Waffensysteme schaffen. Virtual Reality erschließt eine gänzlich neue Dimension der realitätsnahen Ausbildung. „Digitalisierung konkret“ ist für eine hochtechnisierte Luftwaffe ganz besonders wichtig. Einerseits macht sie den Menschen in seinen Entscheidungen sicherer, sie erleichtert seine Arbeit bei gleicher Qualität, andererseits sind immer komplexere Systeme und die Flut an Informationen und Daten nur noch digital zu bewältigen – technisch und operativ. Die Luftwaffe schafft sich mit „Connected Technologies“ eine bessere und sicherere Auftragserfüllung – bei Garantie des Human in the Loop.
3. Connected Fight
Wer jemals die Chance hatte, den Aufbau einer Patriot Staffel bis zur Operational Readiness zu verfolgen, weiß um die Notwendigkeit der Verbindungen zwischen den Einzelsystemen, vom Radar über die Lenkflugkörper bis hin zur operativen Leitzentrale. In Flugzeugen waren bisher alle Systeme in einer Hülle zu vereinen – wie im Eurofighter gesteuert durch ein Netzwerk von Rechnern. Der systemische Ansatz war durch eine Kommunikation nach außen sichergestellt, sei es durch Funk oder Datenlinks. Die Nachteile einer hohen Verwundbarkeit oder Fehlersensitivität bei Ausfall eines Geräts lagen auf der Hand. „Connected Fight“ ist hingegen ein
erweiterter Ansatz. Digitalisierung setzt dabei auf die systematische Verlinkung zwischen Sensoren, Plattformen, Effektoren,Führungs- und Aufklärungssystemen und dem Menschen. Mit diesem „System of Systems“-Konzept schafft Digitalisierung für die Luftwaffe einen großen Schritt nach vorn. Erste Ansätze auf niedriger Stufe nutzt der sich im Aufbau befindliche Simulationsverbund – übrigens ein Leuchtturmprojekt unter den Digitalisierungsprojekten der Luftwaffe, indem er Flugabwehrraketen-, Einsatzführungssysteme und Flugsimulatoren zusammenbindet und dabei auch Live Flying einbezieht. Den entscheidenden Schritt wird die Luftwaffe mit dem „Future Combat Air System“ FCAS gehen, das wir gerade gemeinsam mit Partnern konzipieren. Bei „Connected Fight“ wird Digitalisierung konkret. Es wird kaum eine Entwicklung außen vor bleiben: Big Data, KI, Cloud Computingsind nur einige Beispiele. Mittel – Wirkung – Konsequenzen: das Unterthema des AFCEA Jahresmottos sind hier nicht nur Buzzwords, sondern ganz konkret auszuplanen. Nur so werden wir in einem künftigen komplexen Luftkriegszenario bestehen und unseren Auftrag erfüllen können. Bei „Connected Fight“ ist neben dem systemischen Ansatz vor allem auch die Einbeziehung unserer Alliierten und Partner – auch im Sinne eines Framework Nation Konzeptes – durch Digitalisierung sichergestellt.
„Digitalisierung konkret“ ist für die Luftwaffe im Wesentlichen durch Kommunikation, Interaktion und das Zusammenbinden im Rahmen eines systematischen Ansatzes geprägt. Dabei ergänzen sich, ja verschmelzen die drei Betrachtungen eines „Connected Humans“, eines „Connected Technologies“und eines „Connected Fight“. Was damit entsteht, ist „Air Power Connected“ – erweitert um die anderen Dimensionen, bis zum Weltraum und zu Cyber als operative Dimensionen.