Poison führt 60 Jets in den feindlichen Luftraum. Den Flugabwehrsystemen müssen wir ausweichen. Der Luftraum ist von feindlichen Jets zu säubern und der Weg für unsere Bomber muss frei sein. So sein Auftrag als Mission Commander, um den Commanders Intent umzusetzen.
Am Vormittag laufen letzte Vorbereitungen für die geplante Mission. Das Wetter ist schlechter als vorhergesagt. Einzelne Verbände melden eine verminderte Einsatzbereitschaft als am Vortag und zu guter Letzt teilt Nachrichtenoffizier Oberleutnant W. mit, dass weitere feindliche Luftstreitkräfte auf die nördlichen Luftwaffenbasen verlegt worden sind. Schlimme Nachrichten für Poison. Er muss seine Planungen dem veränderten Lagebild anpassen und gibt entsprechende Instruktionen heraus. Die Mission beginnt trotzdem. Der Auftrag ist klar formuliert.
Einsatz hinter feindlichen Linien
Der Einsatz gestaltet sich dann schwieriger als erwartet. Der Feind setzt massiv Störsender ein, die die Kommunikation erschweren. „Gut, dass ich im Briefing alles angesprochen und Eventualitäten eingeplant habe“, denkt sich Poison im Cockpit seines Eurofighters. Die Übungsleitung entscheidet, dass einige Raketen nicht treffen und ein Übungsteilnehmer muss tatsächlich auf einem kleinen Flugplatz in Schweden notlanden – „Safety always!“Doch insgesamt werden die Ziele erreicht und die eigene Truppe erleidet kaum Verluste.
Das Debriefing – eine Erfolgskontrolle, bei der die Piloten viel lernen
Nach dem Flug wird die ganze Mission ausgewertet. Das ist der Moment bei ACE, wo die Piloten am meisten lernen. Das Organisationsteam der Gastgeber verfügt über ein ausgeklügeltes Auswertesystem. Alle Flugdaten, einschließlich der (simulierten) Schüsse, von den 100 teilnehmenden Flugzeugen werden in kürzester Zeit eingegeben. Das Debriefing beginnt. Alle teilnehmenden Flugplätze und Mitspieler – egal ob Freund oder Feind – sind anwesend oder per VTC zugeschaltet. Es sind innerhalb von gut 60 Minuten am heutigen Tag über 140 relevanten Raketenschüsse auszuwerten, dem Gegnern zuzuordnen und zu verifizieren, ob es sich um Treffer handelte. Es gibt ein streng reglementiertes Drehbuch für diese Nachbesprechung, welches der Airboss (Leiter der neutralen „White-Cell“) – heute eine finnische Pilotin – abarbeitet. Hier wird militärisch knapp und klar geführt, gefragt und geantwortet, es gibt eine klare Litanei – eine formale Sprachregelung – der zu folgen ist. Wer ins Reden gerät oder Ausflüchte für Fehlleistungen anbringt, wird abgewürgt und ermahnt, präzise zu antworten. Diese Disziplin ist notwendig, damit alle Punkte rechtzeitig abgearbeitet werden.
Zunächst stellt Poison als Mission Commander seinen Plan vor, den ja bisher nur die eigenen Kräfte kannten. Dann wird der Plan des Feindes dargelegt. Es wird festgestellt, ob es Verstöße gegen die Übungsregeln gab oder die Sicherheit beeinträchtigt war „Nothing observed – nichts beobachtet“ meldet Rider. Nach der Auswertung der Schüsse – der aufwendigste Teil des Debriefings – resümieren die Führer der Fliegenden Feindkräfte und der Flugabwehrsysteme, welche Ziele der Feind erreicht hat. Tatsächlich wurden nur zwei Flugzeuge der eigenen Kräfte und deutlich mehr als 20 der feindlichen Kräfte abgeschossen. Darunter wichtige Transportflugzeuge mit Spezialkräften. Die meisten Ziele der eigenen Bomber wurden erreicht – „Yes“, Poison ballt die Faust.
Poison hat sich tapfer geschlagen!
Ein großer Erfolg der beteiligten Kräfte, auch für Poison, alias Hauptmann B., der für seine Leistung viel Lob und Anerkennung, „Shake hands“ und „high fives“ erhält. Dennoch ist genau auszuwerten, warum diese zwei Flugzeuge verloren gingen. Wie kann man so etwas am nächsten Tag verhindern und die Abläufe noch besser optimieren. Die Schlüsselpunkte werden durch Poison in kürzester Zeit präzise herausgearbeitet und dokumentiert. Damit sind alle für den nächsten Tag der Übung und vor allem für den nächsten echten Einsatz vorbereitet.
Autor: Harald Graf