Die Piloten und der H145M vom Hubschraubergeschwader 64 in Laupheim hatten fast 600 Kilometer Anreiseweg. Nach mehr als vier Stunden Flugzeit und einem Zwischenstopp zum Tanken landeten sie am Vorabend beim Lufttransportgeschwader 62 in Wunstorf. Es ist stockdunkel. Das Thermometer zeigt minus fünf Grad. Die Piloten und der Hubschrauber aus Laupheim sind gerade erst gelandet und schon wird Hand angelegt. Mit zwei Hubwagen, die an den Kufen befestigt werden, rollt der neue H145M per Schleppfahrzeug vor die Halle. Neun Soldaten sind damit beschäftigt, dass der Hubschrauber ohne anzuecken durch die engen Tore und an den Zäunen des Flugplatzes vorbeikommt. Das dauert rund 20 Minuten. Dann müssen noch zwei Rotorblätter demontiert werden. Ansonsten würde er nicht in die Halle passen. Die restlichen Arbeiten werden auf den nächsten Morgen vertagt.
Die Prüfer schauen auf die kleinsten Details
Gegen acht Uhr wird es ernst. Es gibt Zuschauer. Der für den Versuch verantwortliche Lademeister, Techniker, Prüfer, zwei Ingenieure von Airbus, ein technischer Offizier, die Piloten und Vertreter der Prüfgruppen H145M und A400M aus dem Luftwaffentruppenkommando beobachten die Arbeiten mit Argusaugen. Schon beim ersten Beladeversuch im vergangenen Jahr überprüften Techniker und Ingenieure von Airbus, ob der H145M überhaupt in den Frachtraum des A400M hineinpasst. Dabei zeigte sich, dass die Berechnungen der Airbus-Mitarbeiter korrekt waren. Probleme gab es aber bei den Details. Und das monierten die Prüfer. Zu den kritischen Punkten gehörte zum Beispiel die Rampe, auf der der Hubschrauber in den Bauch des A400M hineingezogen wird. Sie funktionierte nicht perfekt. Außerdem wurde noch nie überprüft, ob das Material für den Auf- und Abbau des Hubschraubers, wie Rotorblätter, Werkzeuge und Leitern, zusammen mit dem H145M in den Laderaum passen.
„Luftfahrzeuge sind fragil“
An diesem kalten Januarmorgen müssen die Techniker der Bundeswehr Hand anlegen. Es geht darum, das Verladen des Hubschraubers zu trainieren und die Korrekturpunkte des ersten Versuchs umzusetzen. Der verantwortliche Lademeister appelliert noch einmal an alle Beteiligten auf dem Vorfeld: „Luftfahrzeuge mit Luftfahrzeugen zu transportieren ist schwierig. Gepanzerte Fahrzeuge sind stabil gebaut und zum Transportieren geeignet. Luftfahrzeuge hingegen sind fragil. Sie sind zum Fliegen konzipiert und nicht zum Verladen.“ Anschließend geht es sofort los. Die beiden letzten Rotorblätter werden abmontiert und zu den anderen in eine Kiste gepackt. Jedes einzelne wiegt rund 46 Kilogramm. Auf dem Rotorkopf, an den Einstiegsseiten und an den Kufen werden Halterungen angeschraubt. Die verzurren den Hubschrauber später im Laderaum. Jetzt kann es an das Verladen des H145M gehen.
Millimeterarbeit mit 2,5 Tonnen
Die große Frage des Tages: Wie kommt nun der Hubschrauber in den A400M? Der Plan ist einfach. Der H145M soll mit einer Seilwinde im Laderaum über eine Rampe hereingezogen werden. Das gesamte Team ist gespannt, wie die Umsetzung klappt. Denn der Hubschrauber passt zwar rein rechnerisch in den Laderaum, aber es ist kaum Platz für Fehler. Außerdem hat die umgebaute Rampe Premiere und muss sich nun bewähren. Alles wird zügig zusammengesteckt, aufgebaut und ausgerichtet. Die Winde fährt aus und die Techniker haken den Hubschrauber ein. Anschließend legen die Soldaten Gewichte ins Cockpit des H145M. „Der Schwerpunkt des Hubschraubers liegt derzeit genau über den Hubwagen mit den Rollen. Wenn wir den Hubschrauber aber die Rampe hochziehen, kommt er in Schräglage. Dann würde er ohne das Gewicht im Cockpit nach hinten kippen“, erklärt der Technische Offizier.
Der spannendste Moment des Tages
Dann wird es spannend. Der kritischste Punkt des Tages steht bevor. Zum einen könnte das Seil der Winde reißen, zum anderen kommt jetzt der gefährliche Moment, wenn der Hubschrauber von der schrägen Rampe auf den ebenen Laderaum kippt. Jeder packt mit. Das ganze Team zieht mit vereinten Kräften den Hubschrauber in den Laderaum. Schließlich sitzt alles perfekt. Der H145M steht abflugbereit im Laderaum des A400M. Jetzt wird das Fluggerät noch verzurrt. Danach werden die Leitern, Werkzeugkisten, die Rampe und die Box mit den Rotorblättern ebenfalls im Laderaum verstaut. In einem echten Szenario hätte der A400M nun den Hubschrauber samt Crew an den Einsatzort fliegen können. Dieses Mal war es aber nur die Generalprobe. Zügig wird alles wieder aus dem A400M entladen. Der Hubschrauber wird wieder in die Halle zurückgeschleppt, wo am nächsten Tag wieder die Rotorblätter montiert werden. Das Fazit der ganzen Aktion: Der zweite Beladeversuch des H145M in den A400M wurde erfolgreich beendet. Der verantwortliche Lademeister ist zufrieden mit dem gesamten Verlauf und der Leistung des Teams.
Kälteerprobung in Schweden
Nur wenige Tage nach dem Beladeversuch kommt auch schon die Feuertaufe: Drei Wochen lang wird in Schweden getestet, ob der H145M auch bei niedrigen Temperaturen voll einsatzfähig ist. Dazu reist einer der Hubschrauber per A400M ins schwedische Vidsel. Auch in diesem Fall klappt die Verladung, trotz des wenigen Trainings. Und der gesamte Transport verläuft ebenfalls reibungslos. Doch darüber berichten wir im nächsten Monat.
Autor: Stephan Prietzel/Luftwaffe