Generalleutnant Ingo Gerhartz hat Ende Mai das Amt des Inspekteurs Luftwaffe übernommen. In den ersten zwei Monaten besuchte er in ganz Deutschland die Verbände „seiner“ Teilstreitkraft und holte sich Informationen aus erster Hand. Er wollte mit den Soldaten ins Gespräch kommen und die aktuelle Situation der Verbände erfahren. Nun gab Ingo Gerhartz luftwaffe.de ein Interview.

Herr General, Sie sind jetzt seit fast zwei Monaten im Amt des Inspekteurs der Luftwaffe und damit der ranghöchste Soldat der Luftwaffe. Wie gefällt Ihnen diese Aufgabe?

Mit dem Amt des Inspekteurs der Luftwaffe hat sich für mich ein Lebenstraum erfüllt. Aber auch wenn ich der „ranghöchste“ Soldat der Luftwaffe bin, sehe ich mich nicht als „ganz oben“ in dieser Teilstreitkraft, sondern als Teil des Teams Luftwaffe. Mich begeistern die Menschen und die Motivation in diesem Team. Und so freue ich mich, einer von ihnen zu sein und gleichzeitig Verantwortung für meine Männer und Frauen in der Luftwaffe zu tragen.

General Gerhartz lässt sich beim Truppenbesuch in Schönewalde in das Deployable Control and Reporting Centre einweisen. (Quelle: Luftwaffe/Francis Hildemann)

 

Sie haben nach Ihrem Amtsantritt in den letzten Wochen bereits einen Großteil der Luftwaffenverbände besucht. Welche Eindrücke haben Sie gewonnen und was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Die materielle Einsatzbereitschaft lässt sehr zu wünschen übrig, und das muss sich verbessern. Umso mehr ist es zu bewundern, wie sehr die Männer und Frauen im Team Luftwaffe noch mit ihrem eigenen Engagement und Elan bei der Sache sind und jeden Tag das Beste daraus machen. Besonders fasziniert haben mich die Mannschaftsdienstgrade, die trotz teilweiser hoher Einsatzbelastungen hochmotiviert sind. Zum Beispiel unsere Bordsicherungssoldaten, die sogenannten Doorgunner auf der CH-53. Hier habe ich trotz einer enormen Anzahl von Einsätzen in kurzen Zeitabständen eine große Freude an ihrem Beruf verspürt, die sich auch auf andere überträgt.

Der Inspekteur trägt in das Gästebuch des Waffensystemunterstützungszentrums 1 in Manching ein (Quelle: Luftwaffe/Daniel Leussing)

 

Vor kurzem sagten Sie, dass die Luftwaffe materiell gesehen an einem Tiefpunkt sei. Was muss sich ändern und getan werden, damit die Luftwaffe aus diesem Tal herauskommt? Wo sehen Sie Ihren Part dabei?

Ich habe ganz klar und deutlich gesagt, dass ich die Luftwaffe an einem Tiefpunkt sehe. Damit meine ich natürlich die materielle Einsatzbereitschaft, nicht etwa die Motivation unseres Personals. Da sind wir sogar eher auf einem Höhepunkt. Ich weiß nicht, ob wir jemals so gut ausgebildetes und so hochmotiviertes Personal hatten. Aber darum ist es umso wichtiger, dass wir die materielle Einsatzbereitschaft verbessern, denn daran hängt selbstverständlich auch die Motivation unseres Personals. Doch hier gibt es keine einfachen Lösungen. Die Materie ist komplex, weil wir die Verantwortlichkeiten auf verschiedene Schultern verteilt haben. Wir haben zum Beispiel den Betrieb und die Nutzung getrennt. Als Inspekteur sehe ich meine Rolle auch darin, für Betroffenheit zu sorgen. Alle müssen erkennen, dass sich etwas verbessern muss. Ich denke, dass ist mir mit den Äußerungen der letzten Wochen auch gelungen. Und jetzt gilt es, mit den entsprechenden anderen Verantwortlichen zusammenzukommen, wie zum Beispiel mit dem Ministerium, dem Beschaffungsamt oder mit dem Luftfahrtamt der Bundeswehr, um die Dinge gemeinsam anzugehen. Ich sehe da eine hohe Bereitschaft, sich mit mir und meinen Experten zusammenzusetzen und gemeinsam zu sagen: das ist das Problem, hier ist die Lösung und jetzt machen wir das.

Beim Besuch in Jordanien unterhält sich Generalleutnant Gerhartz mit den Soldaten der Force Protection. (Quelle: Luftwaffe/Dustin Ackermann)

 

Noch eine persönliche Frage zum Abschluss: Wo und wie verbringen Sie Ihren anstehenden Jahresurlaub?

Ich werde erstmal mit der Familie, mit meiner Frau und meinen Söhnen, an die Nordseeküste fahren. Schon seit Jahren verbringen wir dort einen Teil unseres Urlaubs. Das ist für mich eine wunderschöne Möglichkeit der Entschleunigung. Danach geht es dann nochmal mit der Familie in die Berge, denn bei körperlicher Betätigung kann man immer am besten sein Gehirn auf Stand-by legen.

Autor: Stephan Prietzel

 

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