Ein kaputtes Motorrad, eine Portion Mut, sowie viel Einsatz machten sich für das deutsche Auswandererpaar Silke Fißer und Edgar Junkhoff bezahlt. Nun sind sie auf besondere Weise mit dem deutschen Kontingent in Australien verbunden.
Australien ist ein begehrtes Ziel für eine Vielzahl von Touristen und Backpacker aus Deutschland. Die Landschaft, die Natur und die entspannte Lebensart der Aussies ist für viele ein Anlass, dem stressigen Alltag zu Hause zu entfliehen. Für das deutsche Auswanderpaar Edgar Junkhoff und Silke Fißer begann die Reise vor 19 Jahren. Mit der Luftwaffenübung Pitch Black 2022 und Kakadu 2022 werden Sie allerdings wieder mit ihrer alten Heimat konfrontiert.
„Wir wollten Deutschland eigentlich nicht verlassen“
„Eigentlich hatten wir gar nicht vor, Deutschland zu verlassen, allerdings kam unverhofft bei unserer Backpackertour ein Jobangebot auf, als ich Teile für mein kaputtes Motorrad bestellt habe“, erinnert sich der aus Ostfriesland stammende Edgar Junkhoff. Während einer Tour durch Australien musste er Ersatzteile besorgen. Als er die Werkstatt verließ, hatte er nicht nur die benötigten Teile, sondern auch ein Jobangebot als Mechaniker in der Tasche. Das Angebot kam im Jahr 2001 für den gelernten Landmaschinenmechaniker und Meister Edgar zum richtigen Zeitpunkt, da er mit Anfang 30 eine neue Herausforderung suchte. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin Silke Fißer die von der Insel Borkum kommt und als gelernte Tischlerin ebenfalls einem handwerklichen Beruf gelernt hatte, traf er dann die Entscheidung, den großen Schritt zur Auswanderung ans andere Ende der Welt zu wagen. Seit 2003 leben die beiden permanent in Australien.
Ohne Geld und Wohnung – Die Anfangszeit war nicht einfach!
Durch die hohen Lebenshaltungskosten und das geringe Mietangebot hier in Australien, sowie der Tatsache, dass die beiden nicht gleich eine Wohnung gefunden hatten, waren die beiden gezwungen, während der Regenzeit erstmal für ein paar Wochen in einem Zelt auf einem Campingplatz zu leben. „Wir hatten zwar wenig Geld am Anfang, aber durch den festen Job haben wir allerdings sehr schnell Freunde von der Arbeit gefunden, was uns in der Anfangszeit sehr geholfen hat“, so Edgar weiter. Das Campen war allerdings für die beiden keine Dauerlösung. Sie machten sich auf die Suche nach einer Alternative und sind dann in einer „shared accomodation“ gelandet, also einem Haus, das sich mehrere Personen teilen. Es hat für die beiden ein wenig gedauert, bis sie ihr eigenes Zuhause in Darwin gefunden haben. „Aber die Natur, die Menschen und die relativ stressfreie Lebensweise“, war es den beiden Auswanderern wert.
Aufstieg zu einem der größten Linde-Vertriebspartner in Australien
Die deutschen Tugenden hat der 55-jährige Ostfriese allerdings nicht abgelegt. Manchmal ist er genervt von der zu relaxten Art, wie langsam Prozesse hier laufen. Daher musste er sich damals überlegen, wie er für sich die Situation ändert. So startete er mit seiner eigenen Firma im Jahr 2007. Da er nach seiner Ausbildung und seiner Meisterausbildung bereits im Bereich von Flurförderzeugen (Gabelstapler und Hubwagen) in Deutschland Erfahrung gesammelt hatte, versuchte er sich in diesem Gebiet. Er fing aber klein an. „Mit einem Servicewagen voller Werkzeug bin ich von Auftrag zu Auftrag gefahren und war bei den Kunden vor Ort“, so Edgar weiter. Kontinuierlich konnte er sich durch seine gute und zuverlässige Arbeitsweise einen Kundenstamm aufbauen und nach und nach seine Firma erweitern. Irgendwann ergab sich dann die Chance, als Vertriebspartner für Linde das Gebiet im Northern Territory (NT) abzudecken.
In einem Industriegebiet nahe dem Logistikhafen Darwin ist seine Firma „Forklift Solutions“ zu finden. Mittlerweile hat er sich auf die Vermietung, den Verkauf und die Wartung von Flurförderzeugen spezialisiert. Als größter Vertriebspartner von Linde im Northern Territory ist seine Firma „Forklift Solutions“ über die Landesgrenzen des NT bekannt. Mit mehr als 80 Maschinen und fünf Mitarbeitern kann er flexibel reagieren und ist unter anderem die Nummer zwei der Linde Vertriebspartner in ganz Australien. „Für uns hat sich ein Traum hier erfüllt, für den wir hart gearbeitet haben und in der Anfangszeit viel entbehren mussten“, so die Wahl-Australierin Silke Fißer. Neben dem Vertrieb und dem Verleih von Linde-Staplern decken sie mit ihrem Team auch die Wartung und Reparatur ab.
Der Notfallkoffer ist immer gepackt
In den Weiten des Outbacks ist es keine Seltenheit, dass man für einen Reparaturauftrag auch mal mit einem Flugzeug anreist. Allein das Gebiet des Northern Territory ist vier Mal so groß wie Deutschland. „Wenn so ein Auftrag kommt, dann nehme ich meinen Notfallkoffer und dann fliegen wir auch schon mal 4,5 Stunden einfache Strecke zu einem Kunden hin und versuchen, das Problem schnellstmöglich zu beheben“, so Edgar weiter. Hier in den unendlichen Weiten entwickelt man relativ schnell eine andere Sicht auf größere Distanzen.
Großer Fuhrpark für die Übungen in Australien
Für den Transportfeldwebel Hauptfeldwebel Joey B., der als Fuhrparkleiter des deutschen Kommandos verantwortlich ist, ist das ein Riesenvorteil. „Ich habe mich sehr gefreut, dass wir von Anfang an so einen tollen Kontakt hatten und es vom ersten Moment an gepasst hat, da wir keine Sprachbarriere hatten“, stellt der Hauptfeldwebel fest. Aus zahlreichen Kommandos auf der ganzen Welt weiß der 33-jährige Transportfeldwebel, dass es auch durchaus anders laufen kann. „Ich habe es schon erlebt, dass wir tagelang auf die Reparatur eines Staplers warten mussten, was dann natürlich immer problematisch war, da die Arbeitsabläufe dann aufwendig angepasst werden mussten“, so der Hauptfeldwebel weiter.
„Auch hier hatten wir am Anfang des Kommandos einen Ausfall eines Staplers, ausgerechnet an einem Sonntag, eigentlich habe ich mir keine Hoffnung gemacht, dass wir jemanden zur Reparatur erreichen. Aber Edgar ging tatsächlich ans Telefon und war eine halbe Stunde später da, das hat selbst mich überrascht.“ Insgesamt ist der vom Taktischen Luftwaffengeschwader 74 stammende Hauptfeldwebel mit seinen fünf Soldaten für knapp 70 Fahrzeuge unterschiedlichster Bauart verantwortlich. Vom Stapler bis hin zum Bus sorgt er dafür, dass der Fuhrpark in Australien rollt und alles von A nach B kommt.
„Auf die Zusammenarbeit mit der Luftwaffe sind wir stolz“
Für den Ostfriesen ist es selbstverständlich, dass er bei einem Ausfall sofort unterstützen wird. „Wir sind Dienstleister, von daher sind wir auch für Notfälle sonntags zu erreichen“, so der 55-Jährige. Nach dem Anruf von Joey machte er sich unverzüglich auf dem Weg. „Als wir im Vorfeld zu den beiden Militärübungen Pitch Black 2022 und Kakadu 2022 den Anruf von Linde erhalten haben, dass wir das deutsche Kommando mit unseren Staplern unterstützen sollen, waren wir schon sehr stolz“, so Edgar weiter. „Die Bevölkerung hat für das Militär eine hohe Wertschätzung und Akzeptanz, das ist hier ein wenig anders als in Deutschland. Auch aus den Gesprächen mit unseren Freunden und den Mitarbeitern ist man schwer begeistert, dass Deutschland den weiten Weg auf sich genommen hat, um hier mit zu üben. Wir haben es uns auch nicht nehmen lassen, beim Open Day zur Übung Pitch Black 2022 den folierten Eurofighter anzuschauen und waren sehr begeistert davon“, merkt Edgar an.
Engagement der Deutschen verstärkt das Heimweh
Durch den regen Kontakt von Joey und Edgar wird das Auswandererpaar aber auch damit konfrontiert, dass sie seit mehr als drei Jahren nicht mehr in der deutschen Heimat waren. Normalerweise fahren Sie regelmäßig über Weihnachten in ihr altes Zuhause Neermoor im Landkreis Leer in Ostfriesland, um die Familie und Freunde zu besuchen. „Aber durch Covid-19 hat sich das alles ein wenig geändert, da die Ausreise von Australien nicht so einfach möglich war. Dieses Jahr wird es aber wieder so weit sein“, stellt Silke Fißer sichtlich erfreut fest. Edgar fügt an: „Wir sehnen uns doch sehr nach Deutschland, einem längeren Urlaub in der Heimat und auch nach unserer Familie und Freunden.
Am meisten vermissen die beiden die deutsche Bratwurst und deutsche Backwaren. Auch das Heimatbier von Edgar, ein Jever Pils, ist leider hier vor Ort nicht zu bekommen. Somit wird es Zeit, dass die beiden in diesem Jahr wieder Weihnachten bei Familie und Freunden in Deutschland verbringen!
Autor: Florian Herrmann