Das Objektschutzregiment der Luftwaffe „F“ aus Schortens bildet seine Soldaten für eine weitere Spezialisierung aus: Das Air Mobile Protection Team, kurz AMPT. Die Luftwaffensoldaten sorgen für den Schutz von Flugzeugen, Hubschraubern, Crew und Passagieren. Sie sind schnell einsatzbereit und unterstützen bei Bedarf. Startbereit steht die Transall auf dem Rollfeld, das Hilfstriebwerk läuft bereits und der Pilot ist mit Startvorbereitungen beschäftigt. Rings um die Transall stehen bewaffnete Objektschutzsoldaten, die Flugzeug und die Crew sichern. Unter der rechten Tragfläche parkt noch ein Tankwagen, der die C-160 mit Kerosin versorgt. Es sind knapp 30 Grad unter der senkrecht stehenden Sonne – aber alle sind voll konzentriert.
Plötzlich fallen Schüsse. Doch durch den enormen Lärm des Hilfstriebwerks, ist Oberstabsgefreiter Michael Kurtz* der einzige, der die Schüsse hört. Er schaut sich um und sieht das Mündungsfeuer in einem nahen Waldstück. Automatisiert geht er mit seinem G36 in Anschlag und erwidert das Feuer. Seine Aufmerksamen Kameraden erkennen die Situation ebenfalls. Einer wirft Nebelgranaten, der Tankwagen fährt zurück, die Soldaten sammeln sich in einem kleinen Graben hinter der Transall. Gegenseitig geben sie sich Feuerschutz und steigen nacheinander durch die Laderampe ins Flugzeug. Noch während die C-160 zur Startbahn rollt, überwachen zwei Schützen das Waldstück.
Zum Glück waren die Schüsse keine Gefechtsmunition, der Flugplatz liegt auch nicht im Krisengebiet. Es ist der Fliegerhorst Laupheim von dem aus die Transall gerade steil startend in den Himmel abhebt. Vom ersten Schuss bis zum Abheben der Maschine dauert es gerademal fünf Minuten. Ein Zeichen dafür, dass sich die Ausbildung und Absprachen zwischen Crew und Objektschützer auszahlt. Der Lehrgang des Air Mobile Protection Team (AMPT) dauert zwei Wochen. Hier werden die Objektschützer aus Schortens für die Arbeit am Luftfahrzeug ausgebildet. Eine Aufgabe, für die nicht jeder in Frage kommt. Einer der Teamführer ist Hauptfeldwebel Andreas Tübner. „Ich mag die Spezialisierung und die Herausforderung“, sagt der 33-Jährige. „Besonders die Arbeit im Team und Verantwortung zu übernehmen finde ich gut.“ Während des Lehrgangs werden die Soldaten an die Luftfahrzeuge der Luftwaffe und ihre Gefahrenbereiche gewöhnt. Sie müssen mit der enormen Lautstärke klar kommen und genaue Absprachen mit den Piloten und den Ladungsmeistern treffen. „Wir sind froh, dass das AMPT uns zukünftig in die Krisengebiete begleiten kann“, sagt Björn Winkler, Kommandant der Transall. „Am Boden sind wir nahezu ungeschützt und auf uns allein gestellt. Da ist es beruhigend, dass wir jemanden haben, der auf uns aufpasst.“ Also machen die Crews in der Ausbildung nahezu alles möglich, womit das AMPT auch im Einsatz zu tun haben kann. Sie erzählen bereitwillig aus ihrem reichen Erfahrungsschatz und sensibilisieren die Soldaten für nahezu jede Eventualität.
Ausbilder lernen durch Erfahrung
Der Lehrgang wird durch das Ausbildungszentrum Infanterie in Hammelburg geleitet. Von hier kommen die vier Ausbilder, die für den Lehrgang nötig sind. So können sie sich die eingespielten Lagen aus jedem Blickwinkel, vom Boden und aus der Luft genau betrachten und besser auswerten. Dazu reisten die Ausbilder nach Belgien und Holland. Hier gibt es bereits ähnliche Einheiten, die schon im Einsatz, zum Beispiel in Mali sind. Auch das wird ein zukünftiges Aufgabengebiet für die Männer aus Schortens. Sie sollen unter anderem die Holländer auf ihren Transporthubschraubern unterstützen.
Auf dem Lehrgang trainieren die Sicherungssoldaten deswegen nicht nur mit der Transall, sondern auch mit den deutschen Transporthubschraubern CH-53. Auch dabei erschwert die Lautstärke die Kommunikation untereinander. Die besondere Aufgabe des AMPT erfordert also auch eine besondere Ausrüstung. Durch einen aktiven Gehörschutz und einen dafür zugeschnittenen Helm können die Soldaten nicht nur untereinander besser den Kontakt halten, sondern auch die Absprachen mit der Crew besser koordinieren. Das gilt sowohl bei der CH-53 als auch in der Transall.
„Anwesenheit reicht oft schon aus.“
In der Transall üben die AMPT-Soldaten auch während des Fluges, was im Frachtraum passieren kann. „Jeder Passagier wird von uns durchsucht und bekommt einen Platz zugewiesen“, erklärt Hauptfeldwebel Tübner. „Da geht’s um verschiedene Sicherheitsaspekte und wir können besser die Lage überblicken.“ Vom einfachen Zivilist mit Flugangst bis hin zum potentiellen Attentäter, der Richtung Cockpit stürmt, wird alles geübt. Dazu treten die Soldaten immer selbstbewusst auf. „Oft reicht schon die bloße Anwesenheit eines ernst aussehenden Uniformierten, um eine Situation zu entschärfen“, erklärt einer der Ausbilder. „Aber die Männer können jederzeit bis zum Waffengebrauch eskalieren.“ Es ist nötig, dass jeder Einsatz gut vorbereitet wird. Bei einem Mission-Briefing werden nicht nur aktuelle Satellitenbilder und Wetterdaten ausgewertet, es wird auch die Art des Auftretens festgelegt.
Je nach Bedrohung bleiben die Soldaten vor Ort entweder im Flugzeug, verschrecken dadurch nicht die ansässigen Menschen, oder sie steigen mit oder ohne Gefechtshelm und Sturmgewehr aus. Auch die eigentlich fünfköpfige Stärke des Teams kann im Ernstfall aufgestockt werden. Hier gilt immer die Devise, dass jede neue Mission gewisse Besonderheiten beinhaltet und penibel genau geplant werden muss.
Landung auf wenigen hundert Metern
Beim Flug werden die Soldaten auf die verschiedensten Flugmanöver vorbereitet. Zum Beispiel bei der taktischen Steillandung fliegt die Transall im dreifach steileren Winkel als üblich Richtung Erde. „Dadurch entgehen wir lange Zeit dem Beschuss vom Boden aus. So minimieren wir zusätzliche Gefahren“, sagt Winkler*. Erst im letzten Moment zieht er die Nase nach oben und setzt seine „alte Dame“ sanft auf dem Rollfeld auf.
Die sogenannte „Sarajevo-Landung“ bekam ihren Name während des Bosnienkonflikts, als die Transportflieger immer wieder beim Landeanflug beschossen wurden. Heute ist die Steillandung ein taktisches Landeverfahren, das jeder Pilot beherrscht. „Im Gegensatz zu den Piloten haben wir im Frachtraum nur winzige Fenster. Da kann einem schon schwindelig werden, wenn man nicht den Horizont sieht. Aber im Team sind alle Flugtauglich“, sagt Teamführer Tübner* mit Gelassenheit. „Ich bin gespannt auf meinen ersten Einsatz. Aber ich weiß, dass wir gut ausgebildet sind und dass ich meinen Männern blind vertrauen kann.“
*Namen aus Sicherheitsgründen geändert.
Autor: Philipp Rab/Luftwaffe