Etwa 150 deutsche Soldaten und zivile Mitarbeiter sollen als Teil eines deutsch-französischen Lufttransportverbandes in den nächsten drei Jahren ihre berufliche Heimat im französischen Évreux finden. Rund 80 von ihnen sind der Einladung des Bürgermeisters gefolgt, um gemeinsam mit ihren Familien die französische Kleinstadt und ihre Bewohner kennenzulernen. Darüber hinaus gedenken sie zusammen mit den französischen Freunden dem Ende des Ersten Weltkrieges.

 

Die Luftwaffendelegation mit ihren Familien vor der Kathedrale von Évreux . (Quelle: Luftwaffe/Dorian Bär)

Die Sonne scheint über dem französischen „Base Aérienne“. Auf dem militärischen Flugplatz, eine Stunde von Paris entfernt, warten Soldaten des Standortes auf besondere Gäste. Ein A400M ist gerade mit Bundeswehrangehörigen und ihren Familien im Landeanflug. Oberstleutnant Armin Braun ist Vater von vier Kindern und mit seiner Frau Sabine Teil dieser außergewöhnlichen Reise. Die Bundeswehr ist mit einer Delegation nach Évreux eingeladen, um den zukünftigen Heimatstandort der Hercules C-130J kennenzulernen. Bis spätestens 2024 soll der deutsch-französische Verband voll einsatzfähig sein. Für Soldatinnen und Soldaten mit Partnern und Kindern ist das ein großer Schritt.

 

Oberstleutnant Braun und seine Familie sind von den Bemühungen der französischen Gastgeber beeindruckt. (Quelle: Luftwaffe/Dorian Bär)

 

Das Heimatland verlassen?

Viele stehen dieser Frage zweifelnd gegenüber, doch die Familie Braun aus Wunstorf sagt: „Ja!“. Oberstleutnant Braun arbeitet für die Nutzungsbetreuung des A400M und wird für die nächsten vier Jahre nach Frankreich gehen. Der Rest der Familie wird ihn begleiten. Seine Ehefrau Sabine gibt ihre eigene Praxis auf und möchte sich in ihrer neuen Heimat als Hausfrau und Mutter auf die Familie konzentrieren. „Wir hoffen auf eine Familieneinfindung. Durch den Beruf meines Mannes und dem dadurch bedingten Pendeln ist es nicht einfach, Zeit gemeinsam zu finden. In Frankreich soll es besser werden“, erzählt die Mutter, während sie ihre Tochter im Arm hält. Die kleine Marieke ist über die anstehenden Zukunftspläne begeistert. „Aufgeregt bin ich aber schon ein bisschen“, sagt sie zum bevorstehenden Umzug. Das Mädchen wird wie ihre drei Geschwister die Schule wechseln und sich in einer fremden Umgebung zurechtfinden müssen.

Das Wappen einer Stadt, die sich auf neue Mitbewohner freut. (Quelle: Luftwaffe/Dorian Bär)

 

Französisch soll kein Hindernis sein

„Die Sprache ist für die Kinder und meine Frau natürlich nicht einfach“, gesteht Oberstleutnant Braun, der selbst schon Vorkenntnisse hat. Doch die Soldaten und ihre Familien werden nicht unvorbereitet nach Frankreich gehen. „Die Soldatinnen und Soldaten sollen mit Sprachkursen unterstützt werden, genauso wie deren Ehepartner. Für die Kinder wird es bilinguale Schulen in Évreux geben. Dadurch erhalten sie die Möglichkeit, zweisprachig aufzuwachsen und einen französischen und deutschen Schulabschluss zu erlangen. Gleichzeitig wird die interkulturelle Kompetenz und Offenheit innerhalb Europas gefördert“, erklärt Oberst Norbert Schneider, der die Reise organisiert hat.

Der Wohnraum ist gesichert

Nicht nur das französische Schulsystem soll für die deutschen Kinder angepasst werden, sondern auch die Infrastruktur im Ort Évreux. Auf dem Gelände Cité la Fayette werden die alten Häuser, die früher von dort stationierten Amerikanern bewohnt wurden, abgerissen und durch neue Gebäude ersetzt. „Wir versuchen, den Soldaten den Umzug so leicht wie möglich zu machen, indem wir zum Beispiel weitgehende Unterstützung bei der Suche nach geeignetem Wohnraum zur Verfügung stellen“, erzählt Oberst Schneider. Die Stadt plant hier ein Neubauprojekt, das sich für die Unterbringung der deutschen Soldaten und ihrer Familien gut eignen würde.

Die Familie Braun ist sich jedoch nicht sicher, ob sie in den kommenden zwei Jahren dort leben möchte. „Wir ziehen es auch in Betracht, uns eine Wohnung etwas außerhalb des Neubaugebietes zu nehmen, um leichter integriert zu werden“, teilt Armin Braun seine Zukunftspläne mit.

 

In Évreux leben die Soldaten in einer sauberen, familienfreundlichen Stadt. (Quelle: Luftwaffe/Dorian Bär)

 

Die Gemeinde freut sich auf die neuen Mitbewohner

Die Stadt Évreux hat 50.000 Einwohner. Freundschaftliche Beziehungen gibt es bereits zu der Stadt Rüsselsheim am Main. Der Bürgermeister freut sich, diese Verbindungen nach Deutschland durch den Besuch der Bundeswehrangehörigen und ihrer Familien zu vertiefen. Er lädt sie am letzten Abend zu einem Empfang in das Rathaus von Évreux ein. Familie Braun nutzt die Einladung, um sich mit den ortsansässigen Franzosen auszutauschen, während die Kinder zwischen den Erwachsenen spielen. Der Bürgermeister sagt in seiner Ansprache, wie begeistert er über den Besuch der deutschen Soldaten ist: „Es ist ein wichtiger Augenblick für unsere Stadt. Wir heißen Sie hier alle sehr willkommen und werden alles dafür tun, dass Sie sich auch in Zukunft wohlfühlen werden. Wir befinden uns in einem vereinigten Europa. Dafür stehen wir.“

 

Bürgermeister Guy Lefrand begrüßt seine internationalen Gäste.Bürgermeister Guy Lefrand begrüßt seine internationalen Gäste. (Quelle: Luftwaffe/Dorian Bär)

 

Zusammen in eine gemeinsame Zukunft

Vor dem Rückflug nach Deutschland gibt es noch ein Antreten im Ort. Die Bürger von Évreux sind gekommen, um an das Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren zu erinnern. Die deutschen Soldaten stehen mit französischen Militärs zusammen und lauschen den Ansprachen der Stadtvertreter. Es ist ein besonderes Ereignis, die beiden Länder vereint zu sehen. Beide Nationen gedenken den vielen Toten, die durch die Kriege umkamen. Damit wollen sie ein Zeichen für eine gemeinsame Zukunft setzen. „Ich bin stolz. Wir haben mit der Teilnahme an der Zeremonie der Stadt Évreux unsere Verbundenheit gezeigt. Genauso haben die Franzosen uns ihre Verbundenheit mit der herzlichen Aufnahme deutlich gemacht. Ich bin überzeugt, dass jeder, der hierherkommt, es nicht bereuen wird“, sagt Oberst Schneider abschließend.

 

Oberst Norbert Schneider bei der Kranzniederlegung mit dem französischen Base-Commander. (Quelle: Luftwaffe/Dorian Bär)

 

Ist Frankreich die richtige Entscheidung?

Danach geht es für die deutschen Soldaten und ihre Familien wieder zum französischen Militärflugplatz. Der A400M wartet schon, um sie zurück nach Deutschland zu bringen. Familie Braun setzt sich mit den anderen Besuchern in den Airbus. Sie fühlen sich in ihrer Entscheidung, nach Frankreich zu gehen, bestärkt. „Unser gewonnener Eindruck ist sehr gut und trifft unsere Erwartungen an die französische Kleinstadtatmosphäre in Évreux. Der Empfang spricht für sich und wir sind sehr zuversichtlich“, fasst Oberstleutnant Braun das Wochenende zusammen. Seine Frau Sabine nickt zustimmend. Dann hebt das Flugzeug vom französischen Boden ab. Es wird kein endgültiger Abschied für die Familie sein.

 

Die eindrucksvolle Reise endet mit dem Rückflug im A400M. (Quelle: Luftwaffe/Dorian Bär)

 

Autor: Seraphina Biell

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