Im Bunker 3 wird konzentriert gezählt: „Fünf, vier, drei, zwei – MANTIS-Geschütze sind drauf“. Dann zwei Feuerstöße. Das Panzerglas vibriert. Die Druckwelle ist noch hinter dem Sehschlitz des Bunkers zu spüren. Innerhalb von zwölf Sekunden ist die mit Gips gefüllte feindliche Übungsgranate zerstört.
Für die Flugabwehrraketengruppe 61 (FlaRakGrp 61) ist es eine doppelte Premiere: erstmals wird mit MANTIS auf dem Truppenübungsplatz Putlos trainiert. Und zum ersten Mal können die FlaRak-Soldaten einen „Überschuss“ der Geschützreihe in das eigene Feldlager üben, weil Putlos genügend Fläche bietet. 70 Mann sind über die Schießbahn verteilt auf ihrem Posten. Oben auf dem Hügel steht die Bedien- und Feuerleitzentrale (BFZ). Quasi das Gehirn von MANTIS. Von außen ein schlichter Container, innen voll ausgestattet mit Computer-Technik. Im abgedunkelten Raum das Kampfführungsteam. Weiter unten im Übungsfeldlager zwei sogenannte Sensoreinheiten, die den Luftraum überwachen und feindliche Flugziele bis zum Schuss verfolgen. Eines direkt neben Bunker 3. Am Küstensaum dann vier Geschütze, jedes mit einer 35mm Revolverkanone. Und draußen auf See eine Hubinsel, die an eine Ölplattform erinnert. Von dort werden „feindliche“ Granaten oder Raketen mit Gips- oder Betonfüllung abgefeuert. Erst aus drei, dann aus 13 Kilometern Entfernung.
Selbst für Stabsfeldwebel Matthias Ehlers ist es ein besonderer Tag. Der 44-Jährige ist heute Geschütz-Sicherheitsoffizier und ein alter „MANTIS-Hase“. Er war von Anfang an dabei, als das modernste Flugabwehrsystem der Luftwaffe an den Start ging. „Das System ist weltweit einzigartig und genial. MANTIS ist ein Computer mit einer Kanone dran. Damit könnten Sie ein Schlüsselloch treffen. Ich wünschte mir nur, dass wir damit öfter üben könnten. Nicht am Simulator, sondern unter realen Bedingungen wie hier“, sagt er bestimmt. „Mit den Geschützen ist es wie mit einem Auto. Wenn es nur in der Garage steht, kann es nicht ad hoc optimal funktionieren.“
Zwei Jahre dauerten die Vorbereitungen von der Planung bis zu den Genehmigungen. Dann wurde schließlich alles auf den Truppenübungsplatz nach Putlos transportiert. Der Untergrund für die rund sechs Tonnen schweren Geschütze musste extra präpariert werden. Zig Meter Lichtwellenleitungen wurden eineinhalb Meter tief unter die Erde verlegt. Die sorgen für eine superschnelle Datenautobahn zwischen Geschützen, Sensoreinheiten und BFZ. Und auch während der Übung hat die Instandsetzung der FlaRakGrp 61 gut zu tun. Meistens nachts. Deshalb hat der Trupp auch gleich in der Nähe der Feuerleitzentrale in einem Zelt Quartier bezogen.
Foto: Stefan Petersen/Luftwaffe