75 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz sind rund 180 israelische Soldatinnen und Soldaten erstmalig mit Kampfflugzeugen in Deutschland zu Gast. Zwei Wochen lang trainieren deutsche Eurofighter und israelische F-16 Seite an Seite gemeinsame Luftoperationen.
Die Augen sind auf das Taktische Luftwaffengeschwader 31 „Boelcke“ in Nörvenich gerichtet. Sechs israelische Kampfflugzeuge vom Typ F-16 landen nacheinander auf dem Fliegerhorst südwestlich von Köln. Nie zuvor haben israelische Kampfflugzeuge deutschen Boden berührt.
Die Übung „Blue Wings“ markiert einen weiteren Meilenstein in der immer engeren militärischen Zusammenarbeit beider Länder.
Auf Einladung des Inspekteurs der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, üben in der ersten Woche bei „Blue Wings“ beide Luftwaffen gemeinsame Luftoperationen. In der zweiten Woche nehmen die israelischen Partner an den mehrmals im Jahr stattfindenden Multinational Air Group Days (MAG Days) teil.
Die deutsche Luftwaffe hat bereits zweimal an der in Israel beheimateten multinationalen Übung „Blue Flag“ teilgenommen – zuletzt im November 2019. Außerdem arbeiten die beiden Luftstreitkräfte seit Jahren eng im Rahmen der Heron-Ausbildung zusammen.
Kein normaler Gast
Selbstverständlich spielt die gemeinsame Geschichte beider Länder auch bei militärischen Kooperationen stets eine Rolle.
„Nach dem Menschheitsverbrechen der Shoa ist es ein bewegendes Zeichen unserer heutigen Freundschaft, dass wir erstmals in unserer Geschichte Seite an Seite mit der Israelischen Luftwaffe fliegen. Das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte ist uns heute Auftrag, Antisemitismus mit aller Konsequenz zu bekämpfen“, Generalleutnant Ingo Gerhart.
Willkommen in Deutschland
Dem ranghöchsten Soldaten der Luftwaffe ist es ein besonderes Anliegen, persönlich eine Willkommensformation von zwei Eurofightern anzuführen, um seinen israelischen Amtskollegen, Generalmajor Amikam Norkin, im deutschen Luftraum zu begrüßen.
„On behalf of the German Air Force it is an honour for me to welcome the Israeli Air Force entering German airspace for the first time in history. My Israeli Friends, Amikam, now our Blue Wings fly side by side!”, empfängt Gerhartz Norkin per Funk und setzt seinen Eurofighter neben die israelische Gulfstream, um sie nach Nörvenich zu eskortieren.
Am Folgetag ist ein gemeinsamer historischer Flug über Fürstenfeldbruck geplant, Schauplatz des Olympiaattentates 1972. Zudem wird Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer mit den beiden Luftwaffenchefs sowie dem israelischen Botschafter in der KZ-Gedenkstätte Dachau Kränze niederlegen, um an die Gräueltaten des NSNationalsozialismus-Regimes zu erinnern.
Kennenlernen der Luftraumstruktur
Währenddessen lernen die israelischen Pilotinnen und Piloten den deutschen Luftraum kennen. Im Gegensatz zu der Topographie in Israel mit Höhen teilweise unter dem Meeresspiegel, sind die israelischen Besatzungen im Zentrum Europas einer sehr dichten Luftraumstruktur ausgesetzt. Gemeinsam trainieren Sie in extra dafür reservierten Lufträumen.
Höchste Hygienestandards
In Zeiten der weltweiten Covid-19-Pandemie sind insbesondere Übungen mit internationalen Partnern nur unter Beachtung strengster Hygieneauflagen durchführbar. Das Taktische Luftwaffengeschwader 31 „Boelcke“ hat extra dafür ein umfassendes Hygienekonzept ausgearbeitet. Beispielsweise wurden alle israelischen Soldatinnen und Soldaten vor der Abreise auf Covid-19 getestet. Die deutschen Teilnehmer werden in dem zweiwöchigen Übungszeitraum bis zu viermal getestet.
Von den Besten lernen
Die Deutsche Luftwaffe hat in den letzten Jahren sehr viel vom wichtigsten Verbündeten außerhalb der NATONorth Atlantic Treaty Organization gelernt. Die Israelische Luftwaffe gilt als eine der besten Luftstreitkräfte der Welt. Für deutsche Pilotinnen und Piloten ist es von sehr hohem Wert, die Verfahren der israelischen Partner kennenzulernen und dadurch wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen.
Blue Wings hebt die Partnerschaft und insbesondere die enge Freundschaft beider Länder auf eine neue Stufe.
Autor: Stephan Jeglinski