Für die Flugabwehr war es der längste Auslandseinsatz seit Gründung der Bundeswehr: Fast drei Jahre lang schützten rund 1.200 Soldatinnen und Soldaten des Flugabwehrraketengeschwaders 1 die türkische Stadt Kahramanmaras an der syrischen Grenze. Sieben Tage die Woche, rund um die Uhr. Mit einem feierlichen Appell in Sanitz wurde der Einsatz jetzt formell und endgültig beendet. Dabei bedankten sich der Inspekteur der Luftwaffe, der Wehrbeauftragte und die Ministerpräsidenten aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein bei den Rückkehrern.
Nur sechs Wochen nachdem der Bundestag das Mandat für den Türkei-Einsatz erteilt hatte, standen die Flugabwehrraketensoldaten im Januar 2013 einsatzbereit auf den Hügeln von Kahramanmaras. Und das blieben sie insgesamt 989 Tage lang. Die Raketenabwehr an der türkischen Grenze funktionierte im Dauereinsatz, obwohl die Flugabwehrraketengruppen in Übungen auf so lange Einsätze nicht vorbereitet worden waren. Es musste viel improvisiert werden, es wurde viel Personal gebraucht, es gab zahllose 24-Stunden-Schichtdienste, anstrengende Monate für die Luftwaffensoldaten und ihre Angehörigen zu Hause. Manche Spezialisten kamen in diesen rund drei Jahren auf bis zu 469 Einsatztage.
Der Inspekteur würdigte die Einsatzbereitschaft der Soldaten
Den hohen persönlichen Einsatz aller Flugabwehrsoldaten und ihre Professionalität würdigte der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Karl Müllner, gleich zu Beginn des Appells: „Sie haben in den vergangenen drei Jahren eine enorme Einsatzlast getragen. Aber Sie haben bei der Erfüllung Ihres Auftrages voll überzeugt. Die Luftwaffe als Ganzes hat dadurch einmal mehr ihre hohe Einsatzbereitschaft erfolgreich unter Beweis gestellt.“
„Man wächst durch solche Herausforderungen ganz enorm“
Zu den rund 500 angetretenen Soldaten aus allen Flugabwehrgruppen gehörte auch Hauptfeldwebel Andreas Klee aus Bad Sülze. Der 30-Jährige war in drei AFTUR-Kontingenten (zwei deutschen, einem niederländischen) für die Wartung und Instandhaltung der Patriot-Systeme dabei. Für seine gut 360 Einsatztage erhielt er schon in Kahramanmaras die Silberne Einsatzmedaille. „Anfangs war ich total aufgeregt und gespannt. Wir mussten viel improvisieren, es war ständig laut und extrem heiß, und wir hatten kaum Privatsphäre. Aber insgesamt habe ich durch den Einsatz und den Dauerbetrieb unserer Systeme viel gelernt, – auch über mich selbst und meine Belastungsgrenzen.“
Stabsunteroffizier Caroline Laue gehörte direkt zum 1. Kontingent. „Als wir kamen, haben wir im Nichts angefangen. Dann habe ich miterlebt, wie Gebäude und Gefechtsstände entstanden. Wenn ich auf die Zeit in der Türkei zurückblicke, bin ich sehr stolz, was wir da geleistet haben“, sagt die 27-Jährige aus Sanitz. Hauptfeldwebel Stefan Ziemke aus Bad Sülze machte ähnliche Erfahrungen. Der 36-Jährige hat fast 13 Monate lang im 24-Stunden-Schichtdienst im Fernmeldebereich gearbeitet, er trägt auch die Silberne Einsatzmedaille. „Durch die viele Arbeit war es für uns körperlich schon sehr anstrengend, auch wir mussten viel improvisieren, hatten Materialprobleme. Und für unsere Familien war es noch belastender als für uns. Aber man wächst durch solche Herausforderungen ganz enorm.“
Flugabwehrraketensoldat Timo Daus war sechs Monate im Einsatz. Der Stabsgefreite hatte Glück, dass gleich sein gesamtes Fernmeldeteam aus Husum nach Kahramanmaras versetzt wurde. „Dadurch wurde unser Team noch fester zusammengeschweißt. Und meine Freundin zu Hause wurde so zur Luftwaffe.de-Leserin, weil es dort immer die aktuellen offiziellen Informationen über uns gab“, erzählt der 26-Jährige.
„Die Personaldecke der Bundeswehr ist an manchen Stellen eindeutig zu dünn“
Diesen unermüdlichen persönlichen Einsatz der Flugabwehrsoldaten würdigte auch der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels während des Rückkehrerappells in Sanitz: „1.200 Soldatinnen und Soldaten der FlaRak-Verbände der Luftwaffe waren in der Türkei im Einsatz. Viele mehrfach, Einige zu oft und zu lange. Hier zeigt sich einmal mehr: Die Personaldecke der Bundeswehr ist an manchen Stellen eindeutig zu dünn.“ Diesen Punkt griff auch der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, Torsten Albig, in seinem Grußwort auf und warnte davor, die Streitkräfte nicht zu überfordern. „Wir brauchen eine Bundeswehr, die materiell und personell auf der Höhe ist. Unser Frieden und unsere Freiheit sollten uns das wert sein. Das Leben und die Sicherheit unserer Soldaten stehen an erster Stelle.“ Und der Ministerpräsident Mecklenburg-Vorpommerns, Erwin Sellering, ergänzte: “Sie übernehmen eine hohe Verantwortung. Und Sie erweisen uns allen einen großen Dienst. Dafür haben Sie unseren Respekt und unsere Anerkennung verdient.“
Besonders feierlicher Appell mit vielen Gästen
Zahlreiche Gäste und Journalisten verfolgten gespannt den besonders feierlichen Appell in Sanitz. Darunter viele Generale und Stabsoffiziere aus allen Teilstreitkräften. Apropos Teilstreitkräfte, auch Abordnungen der Streitkräftebasis und des Sanitätsdienstes waren mit von der Partie. Auch sie waren immer wieder Teil des Einsatzes in der Türkei und waren wichtiger Bestandteil des Teams im Einsatz. Das Marinemusikkorps Kiel begleitete die Zeremonie mit verschiedenen Märschen und spielte zum Abschluss die Nationalhymne. Für die Flugabwehrsoldaten ist an allen Standorten inzwischen wieder Alltag eingekehrt. Rund 170 Fahrzeuge und 150 Container Material wurden gewartet und sind schon längst wieder einsatzbereit. Ganz gleich -, wo die FlaRak der Luftwaffe gebraucht wird.
Autor: Ute Birgit Kindler/Luftwaffe
Foto: Susanne Hähnel/Luftwaffe