Bei rauem Wetter testet das Hubschraubergeschwader 64 seinen neuen Hubschrauber im Norden Schwedens. Denn wenn das Kommando Spezialkräfte weltweit operiert, muss auch der genutzte Hubschrauber in allen Klimazonen einsatzbereit sein. Beim Kältetest am Polarkreis stehen Mensch und Maschine auf dem Prüfstand. Unbeeindruckt stehen drei Elche zwischen den kahlen Bäumen. Nur wenige Meter über ihnen dröhnen die beiden Turbinen des neuen Hubschraubers der Luftwaffe. Die Piloten setzen zur Landung an. Erst als der Hubschrauber Unmengen an Schnee aufwirbelt, drehen die Elche ihre Köpfe zur Seite. Kurz vor dem Polarkreis testet das Hubschraubergeschwader 64 aus Laupheim den nagelneuen H145M LUH SOF. Ohne typische Bundeswehr Abkürzung heißt das: Ein leichter Mehrzweckhubschrauber für spezielle Einsätze – für Spezialkräfte.
Spuren im Schnee
Konzentriert beobachten die Piloten kurz vor der Landung die Sträucher vor ihrem Cockpit. „Schneewalze kommt“, sagt der Pilot über Funk. Und knapp über dem Boden ist der Hubschrauber komplett in einer Schneewolke eingeschlossen. In wenigen Metern Höhe lässt der kontrastarme Schnee kaum eine Chance zur Orientierung. Der Boden ist nur schemenhaft zu erkennen. Leicht mit den Kufen im Schnee und zwei Abdrücke hinterlassend, zieht der Pilot seinen Heli nach oben und fliegt knapp über den Baumwipfeln davon. Immer wieder üben die Piloten den sogenannten „White out“ – das Landen und Starten bei aufgewirbeltem Schnee. Wenige Minuten später: Der H145M landet auf einem militärischen Testgelände im schwedischen Vidsel. In der Nähe des Polarkreises läuft hier die Kälteerprobung des Hubschraubers. Auf der Vorhaben-Liste stehen neben den Schneelandungen unter anderem Nachtflüge, Operationen mit der Seilwinde und verschiedene Tests von Material und Ausrüstung. Auch die Mechaniker testen verschiedene Kleidungsstücke, die beim Arbeiten vor der Kälte schützen sollen. Für Hauptfeldwebel Sven Grauhaar* dauerte die Umschulung auf den H145M acht Monate. „Vorher habe ich an der BO-105 geschraubt. Nach deren Außerdienststellung habe ich mich umschulen lassen“, sagt der erfahrene Techniker.
Vom Büro in den kalten Norden
Einer der Hauptverantwortlichen der Kälteerprobung ist Major Mario Reuter. Er ist Leiter der Einsatzprüfung im Luftwaffentruppenkommando. Auch auf der Grundlage seiner Planungen und Vorschläge wird Ausrüstung beschafft und nach erfolgreichen Tests auch an die Truppe geliefert. Während der dreiwöchigen Kälteerprobung ist der 38-Jährige auch ein paar Tage in Vidsel. „Hier kann ich mich davon überzeugen, dass meine lange Planung nicht nur auf dem Papier gut aussieht, sondern sich auch in der Realität bewährt“, sagt Reuter. „In den Gesprächen mit den Soldaten bekomme ich eine direkte Rückmeldung was gut läuft und was nicht.“ Zukünftig wird der Hubschrauber hauptsächlich für Einsätze des Kommandos Spezialkräfte genutzt. Verladen in Transportflugzeugen wie dem A400M, kann der Hubschrauber dann weltweit eingesetzt werden. Zeitgleich müssen dann auch die Mechaniker mit zum Einsatzort fliegen. An Ort und Stelle machen sie den Hubschrauber einsatzbereit. Sven Grauhaar kümmert sich neben der Vor- und Nachflugkontrolle um das Tanken, Schleppen und vieles mehr. „Wir Mechaniker haben jetzt deutlich mehr Aufgaben und Verantwortung zu tragen als früher. Da waren wir spezialisiert auf wenige Tätigkeiten“, sagt er. Das mache den Job abwechslungsreicher und spannend. Herausfordernd sei in Schweden die Kälte. „Die neue Unterwäsche und dicken Jacken halten warm. Aber bei den kleinen Schrauben sind gefütterte Handschuhe total unpraktisch. Da kann man nicht lange draußen arbeiten.“
Zusätzliche Ausrüstung für den Heli
In Schweden steht den angereisten Soldaten eine Halle zur Verfügung. Hier können bei angenehmen Temperaturen die Hubschrauber für die verschiedenen Tests vorbereitet werden. Zum Beispiel wird eine Schneelandehilfe angebaut. „Ganz einfach ausgedrückt sind das Aluminiumbretter, die verhindern, dass der Hubschrauber mit den schmalen Kufen im Schnee versinkt“, erklärt Hauptfeldwebel Grauhaar. Das Bodenpersonal lässt den Hubschrauber auch mal außerhalb der Halle „übernachten“. Dabei testen die Mechaniker spezielle Abdeckungen für den Hubschrauber. Nach einer Landung in enormer Kälte sollen diese ein schnelles Abkühlen der Turbinen verhindern. Der „Schlafanzug für den Hubschrauber“ sorgt dafür, dass die Temperatur bis zu 24 Stunden über dem Nullpunkt gehalten wird. So können die Triebwerke schonender gestartet werden. Im Sommer folgt die Hitzeerprobung für den H145M. Dann müssen der Hubschrauber, seine Besatzung und das Bodenpersonal bei mindestens 35°C ihr Können beweisen.
*Namen zum Schutz der Soldaten von der Redaktion geändert.
Autor: Philipp Rabe/Luftwaffe