Transporthubschrauber zwischen Polarlichtern und Rentieren

Transporthubschrauber zwischen Polarlichtern und Rentieren

Weit über dem Polarkreis trainierten deutsche und finnische Hubschrauberverbände gemeinsam. Bei der Übung Cold Blade 16 konnten beide Nationen viel voneinander lernen und Erfahrungen mit eigenen und fremden Waffensystemen sammeln. Der arktische Winter verwandelt die kahlen Steppen der Tundra in endlose, ebene Schneefelder. Die unzähligen Rentiere wandern dann in den Süden, wo sie in den Wäldern der Taiga noch genügend Nahrung finden. Knapp 300 Kilometer nördlich des Polarkreises trifft man dann nicht nur auf riesige Rentierherden, sondern mit ein bisschen Glück auch auf deutsche und finnische Transporthubschrauber.

 

Die Lufttransportgruppe des Hubschraubergeschwaders 64 (LTGrp HSG 64) und das Helicopter Battallion des finnischen Utti Jaeger Regiment übten im März im finnischen Lappland. Ähnlich lang wie die Nächte im hohen Norden war auch die Aufgabenliste, die abgearbeitet wurde. Für die Hubschrauberbesatzungen ging es unter anderem um Nachtflüge, Schneelandungen und Flüge in Formation mit anderen Nationen. Zusätzlich standen auch für junge Piloten des Geschwaders Teile ihrer taktischen Ausbildung auf dem Programm. Doch nicht nur die Hubschrauber mussten bei Kälte einwandfrei funktionieren. Die Gesundheit der Soldaten, die ihre Maschinen reparierten, warteten und pflegten, war mindestens genauso wichtig wie die Hubschrauber selbst.

 

Weite Reise an den Polarkreis

Für diese Erfahrung nahmen die Soldaten auch die 2.000 Kilometer lange Anreise in Kauf. Für jedes Besatzungsmitglied war eine Zusatzausrüstung an Bord. Leuchtend rote Kisten mit Notfallequipment für Wüsten, Hochgebirge und Polarregionen. Außerdem mussten die Besatzungen über der Ostsee dicke Gummianzüge tragen, die im Fall einer Notwasserung vor Nässe und Kälte schützen. Auch an den Hubschraubern ging die weite Reise nicht spurlos vorbei. Beim Flug über die Ostsee saugten die Turbinen die salzhaltige Meeresluft an. „Das ist Gift für die Triebwerke“, sagte einer der Mechaniker: „Deswegen waschen wir nach dem Flug über dem Meer die Triebwerke mit einer Art Waschbenzin.“ Der angesaugte Schnee hingegen, der bei einer Landung aufgewirbelt wird, kann den Triebwerken nichts anhaben.

 


Neue Erfahrungen auf bewährten Hubschraubern

Der Verband aus Holzdorf hat unter anderem den permanenten Auftrag, aus eigenen Kräften und Möglichkeiten eine Evakuierungsoperation durchzuführen. „Es ist uns sehr wichtig, das zu erproben und zu wissen, dass wir das auch unter diesen klimatischen Bedingungen können“, sagte Oberstleutnant Frank Wittemann. Als Pilot und Kontingentführer war er für die Übung verantwortlich. Rund 60 Soldaten flogen deshalb mit einer Transall nach Ivalo. Zwei CH-53 sind mit sechs Zwischenstopps über die Ostsee und Schweden direkt auf die finnische Air Base geflogen. „Es gibt sehr viele Erfahrungen mit der CH-53. Auch im Schnee. Aber nicht mit der neuesten Version GA. Hier bekommen wir beides“, sagte Wittemann. Die GA (German Advanced) hat unter anderem einen neuen Vier-Achsen-Autopilot, elektronische Selbstschutzanlagen und bessere Technik für Kommunikation und Navigation. Zu bedienen ist alles über ein komplett neues Cockpit mit fünf großen Multifunktionsdisplays. Die verbesserte Kommunikation ist hier in Finnland auch sehr wichtig. „Wenn man auf Sicht fliegt, gibt es nur wenige Punkte, an denen wir Piloten uns orientieren können. Anders als in Deutschland gibt es hier kaum Autobahnen, markante Gebäude und nur sehr wenige Ortschaften. Es sieht fast alles gleich aus“, erklärte Wittemann die Herausforderungen beim Navigieren über dem Polarkreis.

 

Trotz Kälte gute Arbeit hinter den Kulissen

Für elektronische Bauteile wie den Autopilot ist Feldwebel Sebastian Bochon zuständig. Er wird derzeit zum Luftfahrzeug-Elektronik-Feldwebel ausgebildet. Cold Blade 2016 war für ihn die erste Übung dieser Art. Verantwortlich für Ausrüstung und Flugregelanlagen, also den Autopiloten, konnte der 24-Jährige in Finnland direkt sein frisch gelerntes Wissen anwenden. „Die Kälte hat fast keine Auswirkungen auf die Technik. Aber den ganzen Tag bei diesen Temperaturen zu arbeiten ist schon anstrengend“, betonte der junge Soldat. „Wir haben hier keine beheizten Hallen, müssen also direkt auf dem Rollfeld arbeiten.“ Immerhin hatten die Finnen ein großes Zelt aufgebaut, in dem die deutschen Hubschrauber untergestellt werden konnten. Dank einem mobilen Heizgerät wurde das Zelt auf knapp null Grad aufgeheizt. „Das ist zwar auch noch sehr kalt, aber im Vergleich zur Außentemperatur ist das schon viel angenehmer“, sagte Bochon, der schon immer technikbegeistert war. Für die besonderen klimatischen Bedingungen reisten auch zwei militärische Wetterberater mit nach Ivalo. Diese befassen sich intensiv mit Radarbildern, Winden und den verschiedenen Niederschlägen. Von ihnen lassen sich die Besatzungen vor jedem Flug beraten. Denn anders als im heimischen Klima gibt es in den Polarregionen häufig Eiswolken, in die die Piloten nicht hineinfliegen dürfen. Zwar sind alle für eingeschränkte Sicht und den Blindflug ausgebildet, aber in Eiswolken können Rotorblätter vereisen.

 

Direkt in Lappland wurden zwei Teile der Taktikausbildung für Piloten durchgeführt und auch erfolgreich abgeschlossen. Im ersten Teil ging es um Tiefst- und Nachtflüge. Bei Tiefstflügen donnern die Hubschrauber mit über 200 Stundenkilometern bis zu 30 Fuß nah am Boden entlang. Das sind ungefähr zehn Meter. Bei Nacht sehen die Piloten durch einen Restlichtverstärker, der alles in leuchtendes Grün färbt. Im zweiten Teil der Taktikausbildung mussten die Piloten verschiedene Formationsflüge absolvieren. Dabei arbeiteten die deutschen Besatzungen eng mit den Finnen zusammen, von denen sie sich viel abschauen konnten. „Die Finnen sind absolute Profis, was Nachtflüge und Schneelandungen angeht. Da können wir viel lernen“, sagte Frank Wittemann kurz vor einem Briefing für einen deutsch-finnischen Formationsflug. NH-90-Pilot Kimmo Nordberg antwortete darauf, dass die Deutschen sehr organisiert und strukturiert seien. „Gerade beim Briefing können wir viel von der deutschen Arbeitsweise übernehmen. Eine Bereicherung, wenn es um Flugsicherheit geht.“ So konnten beide Nationen viel voneinander lernen und Erfahrungen austauschen. Genau aus diesem Grund organisiert die European Defence Agency (EDA) Übungen wie Cold Blade 2016.

 

Autor: Philipp Rab/Luftwaffe
Foto: Susanne Hähnel/Luftwaffe

 

 

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