Arbeiten im Einsatz-Takt von Tornados und MRTT

Arbeiten im Einsatz-Takt von Tornados und MRTT

Das ohrenbetäubende Dröhnen zweier Nachbrenner schallt über das Rollfeld des Flughafens Incirlik. Deutsche Tornados werden startklar gemacht. Daneben andere Maschinen der Partnernationen. Überall riecht es nach Kerosin. Die Hitze flimmert über dem Asphalt der Start- und Landebahn. Die Uhr zeigt auf 6 Uhr morgens und das Thermometer schon auf 30 Grad.

Den ganzen Tag über herrscht hier Hochbetrieb, selbst in der Nacht wird es nie richtig still. Auch nicht im „Patriot Village“, einen Steinwurf von der Start- und Landebahn entfernt. An die 100 Soldaten der Unterstützungsstaffel des Einsatzgeschwaders Counter Daesh sind hier untergebracht. Die kleine, aber enorm wichtige Teileinheit sorgt dafür, dass die Besatzungen der Tornados und des Airbus A310 MRTT rund um die Uhr erfolgreich und sicher fliegen können. Jeden Tag starten die Flugzeuge des deutschen Einsatzkontingentes Counter Daesh vom türkischen Luftwaffenstützpunkt zu ihren Aufklärungs- und Betankungsflügen in das Einsatzgebiet. Denn seit dem Bundestagsbeschluss am 4. Dezember 2015 beteiligt sich Deutschland am Kampf gegen die „IS“-Terrormiliz.

Der Flugbetrieb diktiert die Arbeitszeiten. (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Stefan Petersen)

Der Einsatzflugbetrieb bestimmt die Schichtzeiten für die Soldaten. Während einige sehr früh aufstehen müssen, versuchen andere weiterzuschlafen, weil sie erst mitten in der Nacht mit der Abfertigung der deutschen Flugzeuge fertig geworden sind. Um 6 Uhr herrscht im ganzen Gebäude schon wieder Aufbruchstimmung.

Stabsunteroffizier Tim B. teilt sich mit fünf Kameraden eine Stube (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Jirka Ohk)

Auch Stabsunteroffizier Tim B. und Oberstabsgefreiter Daniele R. müssen sich fertig machen. Der Vorteil der Schichtzeiten für die beiden Soldaten aus Norddeutschland: Toiletten und Duschen ohne Wartezeiten. Denn die Waschräume werden von allen Bewohnern genutzt und morgens früh um 6 Uhr ist man schneller am Waschbecken.

Der Schichtdienst entspannt die Lage in den Waschräumen. (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Jirka Ohk)

Spätestens kurz vor sieben Uhr treffen sich die beiden Soldaten mit dem „Spieß“ Olaf T. zum gemeinsamen Frühstück. Auf den Nachbartischen am amerikanischen Verpflegungszelt gibt es Rührei und Bacon, Pancakes, Bagels und frisches Obst. So viel Zeit haben die deutschen Soldaten nicht. Unter dem blau-grauen Himmel der aufsteigenden Sonne werden gleich die wichtigsten Punkte für den anstehenden Tag abgestimmt. Jeden Morgen aufs Neue wird das „Rundum-Sorglos-Paket“ für alle Soldaten der Unterstützungsstaffel mit Technik- und Logistikpersonal geschnürt.

Frühstück mit amerikanischer Verpflegung. (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Jirka Ohk)

Der 45-jährige Stabsfeldwebel vergibt erste Aufträge: „Heute kommt einiges auf uns zu. Am Vormittag landet eine Transall mit Material und 20 neuen Soldaten. Die Stuben müssen vorbereitet und mit Bettwäsche versorgt werden.“ Um die Aufteilung der neuen Kontingentangehörigen auf die Unterkünfte hat sich bereits Olaf T. gekümmert. „In dem einen Block wird das Trinkwasser knapp, also gleich mal auffüllen.“ Das Leitungswasser im Camp ist gechlort und als Trinkwasser nicht geeignet. „Und nach der Ausgabe der Stubenschlüssel müssen noch die Splitterschutzwesten an die Neuen verteilt werden. Dazu vereinbart Ihr bitte noch einen Termin mit dem Nachschub“, ordnet der Spieß an.

Frische Bettwäsche und genügend Trinkwasser. Die Neuen sollen sich wohl fühlen. (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Jirka Ohk)

Lange können sie also nicht sitzenbleiben. Während Olaf T. zu seinem Bürocontainer fährt, machen sich der 30-jährige Stabsunteroffizier und der 26-jährige Oberstabsgefreite auf den Weg zum „Main Office“. Hier holen sie die Bettwäsche für die Neuankömmlinge ab. Bei einem Zwischenstopp werden noch einige Paletten Wasser aufgeladen. Das Thermometer zeigt inzwischen auf 40 Grad. Der Wagen ist voll bepackt und fährt über die staubigen Wege der Containerunterkunft. Anschließend wird alles auf die vorbereiteten Unterkünfte verteilt. Vier bis sechs Mann leben hier, aber immerhin mit Klimaanlage. Für Privatsphäre bleibt da wenig Raum.

Auch fernab der Heimat gibt es genügend „Bürokram“ zu erledigen. (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Jirka Ohk)

Nachdem die Stuben fertig sind, fahren die beiden Soldaten zu ihren Bürocontainern im technischen Bereich der Unterstützungsstaffel. An den Wänden hängen Telefonlisten, Flugpläne, Kalender. Auf den vollgepackten Schreibtischen Zeitungen und auch mal ein Foto aus der Heimat. Olaf T. kümmert sich um jeden einzelnen Soldaten, der hier stationiert ist. Heute muss ein Einsatz samt NATO-Marschbefehl verlängert werden. Dafür muss er auch die verschobene Abholung und den Anschlussurlaub in Deutschland organisieren. Oberstabsgefreiter R. bearbeitet in der Zwischenzeit Mails, überprüft kurzfristige Änderungen zu den Flugzeiten der heute erwarteten Transall und die Zahl der neuen Soldaten. Aber heute haben sie Glück: „Keine Änderungen. Die Vorbereitung passt“, stellt er zufrieden fest.

Statt Mittagspause eine Runde Tischkicker. (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Jirka Ohk)

Für eine Mittagspause bleibt heute keine Zeit. Dafür gibt es ein kurzes Tischkickerspiel mit Kameraden. Ein paar Minuten, um abzuschalten. Andere schauen kurz ins Fernsehprogramm, um zu erfahren, was zu Hause in Deutschland passiert. Anschließend geht es zurück an die Arbeit. Bevor Stabsunteroffizier Tim B. in sein Büro zurückläuft, nimmt er noch die Feldpost mit.

Nachrichten von der Familie. Die Feldpost wird verteilt. (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Jirka Ohk)

„Zweimal in der Woche gibt es per Sprinter Post aus der Heimat. Diese Tage sind immer ganz besonders für uns. Über liebevoll gestaltete Briefe, Geburtstagsgrüße und -geschenke von der Familie oder Freunden aus Deutschland freut sich einfach jeder. Selbst WhatsApp und Facetime können das niemals ersetzen“, erzählt der Stabsunteroffizier, während er zu Fuß und per Auto die Post verteilt. „Für die Soldaten sind die Briefe die wichtigste Verbindung in die Heimat und werden jedes Mal sehnsüchtig erwartet.“

Oberstabsgefreiter Daniele R. überprüft, ob es neue Nachrichten für sein Team gibt. (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Jirka Ohk)

Tim B. muss sich beeilen. Gleich werden die neuen Kontingentangehörigen erwartet. Um alle Fragen beantworten zu können, schaut sich Oberstabsgefreiter Daniele R. nochmal die ausgehängten Informationsblätter an. „Jeder neue Soldat hat ähnliche Fragen. Er will wissen, wann die Kantine geöffnet ist, um wieviel Uhr das IN-Briefing angesetzt ist oder welche besonderen Regeln es aufgrund der Sicherheitslage auf der Incirlik Air Base gibt.“

Stabsunteroffizier Tim B. prüft noch einmal die Personallisten. (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Jirka Ohk)

Zur selben Zeit sitzt Tim B. in seinem Büro. Ein fensterloser Raum in der Technikhalle, aber immerhin klimatisiert. Er schreibt Listen für die Aufnahme der neuen Soldaten. Der Stabsunteroffizier ist gleichzeitig Personalunteroffizier der Unterstützungsstaffel und führt die Personalakten der mehr als 100 Soldaten. „Jede Woche haben wir einen kleinen Personalwechsel. Die Personalübersicht muss immer aktuell sein. Für die heimfliegenden Soldaten müssen die Unterlagen für ihre Heimatverbände vorbereitet werden. Die neuen Kontingentangehörigen brauchen Ausweise für die Base und IT-Zugangsdaten. Der „Spieß“ braucht diese Übersicht für die Belegung der Stuben und Betten“, erklärt er.

Zweite Lagebesprechung beim „Spieß“ im Container. (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Jirka Ohk)

Bevor er alle Personalakten überarbeitet hat, ist er schon wieder unterwegs zu Olaf T. Für die kleine Teileinheit „Innendienst“ steht die zweite Lagebesprechung des Tages an. „Die Transall kommt nun doch zwei Stunden später an. Nach der Landung bekommt jeder Teilbereich seine Neuzugänge. Vor der Gepäckausgabe kommen die neuen Soldaten hier vorbei und erhalten ihre Informationsunterlagen und die Stubenschlüssel. Danach können sie zum Abendessen gehen“, bringt der 45-jährige Stabsfeldwebel seine Soldaten auf den aktuellsten Stand.

Eine der wenigen Freizeitmöglichkeiten: Sport im Fitnesszelt. (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Jirka Ohk)

Die Verspätung der Transall hat heute Vorteile: Daniele R. nutzt die Zeit, um Sport zu treiben. Im „Patriot Village“ steht ein Fitnesscenter-Zelt der U.S. Air Force. Das dürfen die deutschen Soldaten mitnutzen. Das Zelt ist halb so groß wie eine Turnhalle, aber komplett ausgestattet wie ein typisches Fitnesscenter. „Ich versuche dort regelmäßig zu trainieren. Der Sport hilft mir abzuschalten, und danach bin ich wieder fit für die nächsten Aufgaben“, erklärt der 26-Jährige auf dem Weg dorthin.

Auf der Air Base gibt es selbst einen Waschsalon. (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Jirka Ohk)

Nach der Trainingseinheit geht es schnell unter die Dusche, denn der Arbeitstag von Daniele R. ist an diesem späten Nachmittag noch lange nicht vorbei. Auf dem Weg zum Bürocontainer hält er beim Waschhaus an. „Wir können unsere Wäsche entweder zur Reinigung abgeben oder selbst waschen. Ich wasche lieber selbst, so habe ich bereits heute Abend meine saubere Wäsche auf der Stube“, erklärt er beim Beladen der Waschmaschine.

Die neuen Soldaten bekommen ihre Stubenschlüssel. (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Jirka Ohk)

Minuten später kommt er gerade noch rechtzeitig am Bürocontainer an, als die ersten neuen Kontingentangehörigen der Unterstützungsstaffel eintreffen. Pro Mann mit rund 80 Kilogramm Gepäck. Die Soldaten bekommen ihre Stubenschlüssel und erfahren von Daniele R., mit welchen Kameraden sie die nächsten Monate ihre Stuben teilen. Dann erklärt er ihnen den weiteren Ablauf und gibt wichtige Termine für die nächsten Tage bekannt. Danach sind alle Aufträge für diesen Tag abgearbeitet.

Fußballgenuss in der deutschen Betreuungseinrichtung. (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Jirka Ohk)

Erstmals an diesem Tag geht es entspannt zum Abendessen. Danach treffen sich Stabsunteroffizier Tim B. und Oberstabsgefreiter Daniele R. noch mit anderen Soldaten in der deutschen Betreuungseinrichtung. Natürlich steht Fußball auf dem Programm. Gemeinsam genießen sie den „Feierabend“ nach dem anstrengenden Tag. Viele Alternativen gibt es nicht. In der eigenen Stube schlafen schon einige Soldaten, und Ausflüge außerhalb der Base sind aufgrund der Sicherheitslage momentan nicht möglich.

Telefongespräch mit der Freundin zu Hause. (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Jirka Ohk)

Dann steht der letzte wichtige Termin des Tages an: Daniele R. muss noch mit seiner Freundin telefonieren. In den Unterkünften und in der deutschen Betreuungseinrichtung gibt es freies Internet. Damit können Soldaten mit ihren Familien und Freunden in Deutschland in Verbindung bleiben. Der 26-Jährige sucht sich einen Stuhl im ruhigen Flurbereich. „Auf der Stube kann ich nicht ungestört telefonieren, da setze ich mich lieber hierhin. Zu dieser späten Zeit ist hier kaum was los. Der „Love-Call“ am Abend gehört zu unserem Tagesablauf und ist sehr wichtig für uns beide. Das Internet hilft, die Trennung von zu Hause besser zu verkraften.“

Erst am späten Abend geht es ins Bett. (Quelle: PAO DEU EinsKtgt Counter DAESH/Jirka Ohk)

Autor: Roman Ladenko

div#stuning-header .dfd-stuning-header-bg-container {background-size: initial;background-position: top center;background-attachment: initial;background-repeat: initial;}#stuning-header div.page-title-inner {min-height: 650px;}
X
X